„The scholarly research community has come to depend on a series of open
identifier and metadata infrastructure systems to great success. Content
identifiers (through DataCite and Crossref) and contributor identifiers
(through ORCID) have become foundational infrastructure for the community. But
there is one piece of the infrastructure that is missing – there currently is
no open, stakeholder-governed infrastructure for organization identifiers and
associated metadata.”
Ein Fond ist eine Flüssigkeit, die beim Garen von
Lebensmitteln entsteht. Er dient, schreibt Franz Maier-Bruck in seinem
Standardwerk, „Das große Sacher Kochbuch“ 1975, als Aufgussmittel für Braten, Schnitzel,
Koteletts und dergleichen.
Glaubt man Linkedin,
arbeite ich beim österreichischen WissenschaftsFOND FWF. Ich beschäftige mich
aber in meiner Arbeitszeit nicht mit dem beständigen Aufgießen von großen
Bratenstücken oder Kalbsnieren, sondern mit Wissenschaftspolitik – ich werkle
beim WissenschaftsFONDS FWF. ‚Fonds‘, ich
bin mir sicher, ich habe im einschlägigen Gesetz
nachgesehen.
Im Wissenschaftsystem ist eine klare Zuordnung von Personen,
das Vermeiden von Ambiguitäten, den Namen betreffend, von unschätzbaren Wert.
Den Abdruck, den man in einer Disziplin, in einem Feld hinterlässt, soll auch
klar der Person zuordenbar sein, die ihn hinterlassen hat. ORCID hat hier unschätzbare Dienste geleistet
(und wird dies noch mehr in der Zukunft): Die Open Researcher and Contributor ID
ermöglicht eine eindeutige Identifizierung wissenschaftlicher AutorInnen und
hat sich zu, man möchte fast sagen, zu einem Industriestandard entwickelt.
Attribution Problems |
Für Institutionen gibt es einen solchen Standard (noch)
nicht. Einige Organisationen: DataCite,
ORCID und CrossRef haben nun einen
Prozess gestartet, dies zu ändern. Hier die aktuellen Blogs von Laurel
Haak (ORCID), Martin
Fenner (DataCite) und Ed Pentz (CrossRef)
zu ihrem Organization Identifier Project.
Eine Reihe von Publikationen geben einen schönen Überblick über den
Status quo des Projektes und zur Identifikation von Organisationen generell:
- Cruse, P., Haak, L., & Pentz, E. (2016). Organization identifier project: A way forward. ORCID. http://doi.org/10.5438/2906
- Bilder, G., Brown, J., & Demeranville, T. (2016). Organisation identifiers: Current provider survey. ORCID. http://doi.org/10.5438/4716
- Demeranville, T., Brown, J., Fenner, M., Cruse, P., Haak, L., Paglione, L., … Pentz, E. (2016). Organisation identifiers - minimum viable product requirements. Figshare. http://doi.org/10.6084/M9.FIGSHARE.3479141
Warum also noch eine Nummer? Noch mehr red tape/ Amtsschimmel? Keineswegs!
WissenschafterInnen kämpfen seit Jahr und Tag mit einer gewissen Unsicherheit,
wie sie ihre Forschungseinrichtungen nun bezeichnen sollen – verwendet man nun das
Akronym, die deutsche oder die englische Bezeichnung? Und schon simple
Bezeichnungen wie „Universität Wien“
können zu einem babylonischen Gewirr von Namen führen, und komplexere wie „BOKU – Universität für Bodenkultur Wien“
bringen die Phantasie von ForscherInnen zum Blühen. Sehr schön ist in diesem
Zusammenhang die Studie
meines Kollegen Ralph Reimann, der in Acknowledgements zu vom FWF geförderten
Projekten 70-80 Variationen für die Bezeichnung des „österreichischen
Wissenschaftsfonds“ entdeckte.
Im übrigen: Noch schwieriger wird’s, wenn man auf die
Ebene der Organisationseinheit von Universitäten gehen möchte: Departments
werden zusammengelegt, Institute verschwinden und werden neu gegründet, man
fühlt sich einer institutsübergreifenden Arbeitsgemeinschaft zugehörig oder
glaubt noch immer, eine Affiliation an einem Institut zu haben, die schon lange
erloschen ist. Auf Universitätsebene ist die wechselnde Departments- und
Institutslandschaft eine besondere Herausforderung bei der Einführung von
Forschungsinformationssystemen, sei es PURE oder andere.
Für Förderer ist eine klare Zuordnung von Projekten zu Forschungseinrichtungen
ein großer Vorteil. Politische Entscheidungsträger wünschen sich
Nachvollziehbarkeit, wohin Fördergelder fließen: Nicht nur an welche Personen,
sondern auch an welche Institutionen. Der Förderatlas der Deutschen
Forschungsgemeinschaft DFG gibt hiervon ebenso Zeugnis wie Auswertungen
des FWF oder die Universitäts-Rankings
des NSF. Fragen wie – „welche Universitäten haben besonderen Erfolg im Kampf um
kompetitive Fördermittel?“ oder „welche Regionen haben welche Stärken in der
Forschung?“ sind ohne eine klare Zuordnung von Projekt und Forschungsstätte
nicht beantwortbar. Organizational Identifyer, breit eingesetzt, würden die
Arbeit der Wissenschaftsfonds, Research Councils und anderer Förderagenturen
bedeutend erleichtern.
Gewisse Wagnisse sollte man auch in der Wissenschaftspolitik eingehen |
Wie ist der Stand der Diskussion unter den Förderern? Einen
schönen Überblick bietet eine Veröffentlichung von Science Europe, Towards
Data Integration for Research Funding and Performing Organisations: a
Science Europe Initiative. Als Handlungsfelder werden hier folgende Bereiche
identifiziert:
- Combining Data: be open, use research information systems, develop infrastructures
- Funder and Grant Identification: have funding acknowledgement policies, Engaging with publishers to use the CrossRef Open Funder Registry
- Researcher Identification: Adopt global unique identifiers for researcher identification, engage with ORCID
- Subject Classification: engage further discussion on harmonisation of classification systems
Auch wenn die Einführung eines Systems von Organisation Identifyers
nicht explizit gefordert wird, so ergeben sich aus diesen vier Handlungsfeldern
doch Punkte, an die sich die Forderung nach einem solchen System anknüpfen
lassen. Interoperabilität von Metadaten, oder, wie Science Europe es definiert,
von ‘data on research activity’ and ‘research information’ läßt sich ohne eine
zugrundeliegende Infrastruktur nicht denken – nach DOIs und ORCIDs ist es hoch
an der Zeit, auch die Einführung von Institutionen-IDs zu fordern.
Ich möchte dem Organization Identifier Project von ORCID,
crossref und DataCite raten, über ihre Communities hinaus zu denken und auch
andere Interessensgruppen und stakeholder einzubinden. Zu diesen anderen Communities
gehören:
- Die Verbände der Universitäten, in Europa etwa LERU (League of European Research Universities) oder die EUA, die European University Association.
- Die Community der Science & Innovation Policy ForscherInnen, die immer wieder mit hohem Resourcenaufwand Initiativen starten, um ihre Datengrundlagen zu verbessern, ein beispiel ist das RISIS Projekt http://risis.eu/
- Last not least: die großen Förderorganisationen, etwa via Science Europe oder direkt.
Die Einwände gegen einen Organization Identifyer werden
ähnliche wie gegen ORCID sein: „Nicht noch eine Nummer“; „nicht noch mehr
Bürokratie“; „Datenschutz!“ oder „IDs ermöglichen Spionage“. Für diese Diskussionen muss man sich wappnen.
Es ist ein langer und steiniger Weg hin zu einer soliden
Infrastruktur für Daten zu Forschungs- und Wissenschaftspolitik. Er wird sich
aber lohnen.